Wie so oft beginnt das Abenteuer am Rechner: Ich suche nach Landschaften, die weitgehend unbekannt sind, und erst, wenn sich mir die Frage nach dem Warum stellt, weckt das eine unstillbare Neugierde in mir. Die Antwort auf dieses Warum ist meist recht simpel: Es gibt dort häufig keine beschilderten oder markierten Wege, es finden sich weit und breit keine Hütten oder Stützpunkte und damit auch keine oder nur wenige Menschen – allerdings auch keine fremde Hilfe. Genau so eine Tour habe ich in den Hohen Tauern gefunden. Bei meinen Recherchen ist auch die Idee entstanden, zwei bereits bekannte Pfade mit einer 2,4 km langen Etappe zu verbinden und so eine neue Rundtour zu ermöglichen.
Derartig abgelegene Wanderrouten liegen mit Sicherheit im Funkschatten hoher Berge. So besorge ich Wanderkarten, gleiche diese mit Google Earth ab und zeichne mir eine eigene Tour ein. Danach lege ich Etappen fest und erstelle mir einen Zeitplan und für den Fall der Fälle sollten geeignete Plätze zum Biwakieren feststehen.
Die Wetterlage ist stabil und der Morgen ist für diese Jahreszeit angenehm kühl, die Voraussetzungen für einen perfekten Wandertag könnten nicht besser sein. Mit den ersten Höhenmetern in das unbekannte Terrain steht fest, dass diese Tour einzelnen Bergfreunden vorbehalten bleiben wird, denn der „Wanderweg“ ist großteils das Bett eines Bächleins.
Der Pfad führt mich zu einem Wildbach mit traumhaften Wasserfällen und vorbei an einem Hochmoor, das ich wegen der sensiblen Vegetation nicht betrete. Schließlich komme ich zu einem Karsee, in dem sich Bergflanken der Hohen Tauern spiegeln.
So schön es hier auch ist, meine Aufmerksamkeit gilt nun jedem Schritt, das Blockwerk entlang des Sees ist teilweise noch unter Schneemassen begraben, jeder Tritt muss mit den Wanderstöcken geprüft werden und so verbringe ich viel Zeit damit, das Gewässer ostseitig zu umgehen – geschafft! Mein Lohn für die überwundenen Hürden sind eine unberührte Landschaft und ein Gefühl, als Erster hier zu gehen. Ich habe genügend Zeit für die Fotografie eingerechnet, verzichte aber auf einige Aufnahmen, um meinen Zeitplan einhalten zu können.
Meine Arbeit am Computer und mit den Karten macht sich bezahlt – schnell finde ich für mich einen Weg, denn das Gelände ist wanderbarer als angenommen.
Mein Plan, beim Hinuntergehen GPS-Daten aufzuzeichnen und einen neuen Pfad zu beschreiben, wird immer realistischer.
Mit grandiosen Ausblicken und wundervollen Eindrücken nähert sich nicht nur mein Etappenziel, sondern auch ein riesiges, steiles Schneefeld. Auf ca. 2.400 m. ü. A. und mit meinem Ziel vor Augen entscheide ich mich zur Umkehr, da ein Blockwerk aus riesigen Felsen mir für heute den weiteren Aufstieg vereitelt. Um einen anderen Weg zu finden, reicht die Zeit nicht, denn es ist bereits 15:30 Uhr. So mache ich mich zufrieden und entschlossen auf den Rückweg.
Nur 120 Höhenmeter haben bis zum Ziel gefehlt, allerdings bin ich mir nun sicher, dass ich schon bald auch das letzte Stück in diesem noch weglosen Gelände finden werde.
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